Es bleibt ein spannendes, wichtiges Event

Stefan Nägele freut sich, dass die Feier „Weihnachten nicht allein zu Hause“ diesmal in der Stadthalle stattfinden kann. Foto: J. Fiedler

 

Das Interview:

 

von Christine Schick

 

Stefan Nägele berichtet über die Planungen für die Feier „Weihnachten nicht allein zu Hause“ in Murrhardt

 

„Weihnachten nicht allein zu Hause“ geht in die sechste Runde. Als Stefan Nägele seine Idee zu einer Feier für Menschen, die den Heiligen Abend nicht allein verbringen wollten, 2011 das erste Mal in die Tat umsetzte, war es noch eine überschaubare Runde, die in der Pfarrscheuer zusammenkam. Das Angebot hat sich mittlerweile zu einer großen Veranstaltung gemausert, bei der im vergangenen Jahr auch zahlreiche Flüchtlinge mit dabei sein konnten.

 

 

 

 

MURRHARDT. Der Tatsache, dass sich „Weihnachten nicht allein zu Hause“ etabliert hat und ein Angebot für zahlreiche Gäste geworden ist, trägt nun auch der Veranstaltungsort Rechnung. Die Feier am 24. Dezember wird in der Murrhardter Stadthalle stattfinden. So gilt es für Initiator Stefan Nägele und seine Partnerin Martina Gerke, die die Feier gemeinsam organisieren, noch eine Menge in die Wege zu leiten, Spenden zu sammeln und zu planen.

 

 

Herr Nägele, Sie könnten mit Ihrer Partnerin Martina Gerke ja ein ruhiges Weihnachtsfest verbringen. Sie sind eigentlich aus Ihrer eigenen Zielgruppe herausgefallen. Warum machen Sie trotzdem weiter und stellen wieder ein „Weihnachten nicht allein zu Hause“ auf die Beine?

 

 

Weil sich das Event einfach toll entwickelt hat. Das ist der Wahnsinn, wenn man sich überlegt, wie wir 2011 angefangen haben. Da waren wir 25 Leute. Ich bleibe dabei, weil das genial ist und wahnsinnig Spaß macht. Die Organisation ist schon mit einem gewissen Aufwand und Stress verbunden, aber es gibt nichts Schöneres, als wenn die Leute sich dann an Heiligabend rundum wohlfühlen und das durch eine Rückmeldung oder ein Dankeschön klarmachen.

 

 

Durch die notwendige Vorbereitung beschäftigen Sie sich schon lange vor Weihnachten mit dem Fest. Gibt es Menschen, die das irritiert?

 

 

Es gibt schon Leute, die das irritiert. Beim Erntedankfest der evangelischen Kirchengemeinde hat uns jemand darauf angesprochen, dass er uns letztes Jahr gesehen habe, auch wegen der zwei Weihnachtsbäume, die wir beim Infostand stehen hatten. Das hat bei manchen für Verwunderung und Verärgerung gesorgt.

 

 

Echt?

 

 

Ja, deshalb hatten wir dieses Jahr auch keine Weihnachtsbäume mehr dabei. Über unseren Verein lässt sich das Jahr über eigentlich auch nicht so sehr viel berichten. Im Sommer haben wir spontan auf die Homepage gesetzt, dass wir Weihnachtsdeko suchen. Das fand ich ganz spannend, dass Einzelne, die im Sommer ihre Garagen aus- oder umräumten, sich gemeldet haben.

 

 

Und die haben die Sachen vorbeigebracht?

 

 

Wir sind zu den Spendern gefahren, um sie abzuholen. Manchmal ist es für mich auch überraschend, wenn mir Leute begegnen, die mich und Martina völlig selbstverständlich ansprechen, weil sie uns und die Aktion kennen. Beispielsweise mit dem Kommentar: „Ich kenn euch doch, ihr wart im Fernsehen, ihr seid doch die von Weihnachten.“ Dass mich viele einfach mit dem Thema verbinden, lässt sich vermutlich nicht mehr ändern.

 

 

Was hätten Sie gesagt, wenn Ihnen vor fünf Jahren jemand prophezeit hätte, dass Sie mit Ihrer Feier einmal in der Stadthalle landen?

 

 

Ich hätte ihn für verrückt erklärt. Vor drei Jahren hab ich mal spontan gesagt, wenn das so weitergeht, muss ich irgendwann in die Stadthalle. Nun ist sie für dieses Jahr von der Stadt zugesagt. Ich war vor Kurzem vor Ort und dachte: Doch, das ist schon mal eine Hausnummer. Da ist eine Bühne, und es gibt einiges zu tun.

 

 

Die Halle fürs Fest gemütlich zu gestalten und zu dekorieren?

 

 

Da sag ich mal, das ist eher der Part von Martina, wobei wir auch Hilfe von anderen brauchen. Einen kleinen, festen Kern an Mitstreitern gibt es. Es spricht sich rum, dass wir die Stadthalle bekommen haben, und viele sagen auch, dass sie helfen wollen. Wir brauchen allerdings verlässliche Helfer. Manche haben aus nicht ganz ersichtlichen Gründen sehr kurzfristig abgesagt, und das ist für uns dann einfach schwierig. Aber das soll nicht heißen, dass es niemandem gibt, auf den wir zählen können.

 

 

Was erwartet die Helfer, was müssen sie machen?

 

 

Ein wichtiger Part ist, am 23. Dezember die Halle gemeinsam herzurichten, und dabei auch selbstständig loszulegen. Stühle und Tische aufstellen, die Tische eindecken und dekorieren, Lichterketten aufhängen und so weiter, fällt mir jetzt spontan dazu ein. Das nimmt schon eine gewisse Zeit in Anspruch, weil die Halle einfach groß ist. Vielleicht ist sie mit etwa zehn Wohnzimmern vergleichbar. Um die Ausstattung und das Material kümmern wir uns. Im Prinzip geht es darum, die Sachen konzentriert, ohne viel Diskussion und Unterstützung anzugehen, weil wir beide oft noch mit anderen organisatorischen Dingen beschäftigt sind. Und am 24. brauchen wir Helfer, die beim Geschirrabräumen und Spülen, bei der Essensausgabe, beim Kaffeekochen et cetera sowie in der Küche schon morgens beim Vorbereiten mitanpacken.

 

 

Was hat sich für Sie im Vergleich zum allerersten Zusammensein verändert?

 

 

Eigentlich nichts. Früher waren es 25 Leute, jetzt sind es vielleicht 300. Die Feier ist nur größer geworden. Am Anfang hatte ich 25 Begegnungen am 24. Dezember, und jetzt sind es entsprechend mehr. Spannend ist, dass manche Gäste sogar ein bisschen stolz darauf sind, beim Fest dabei gewesen zu sein.

 

 

Und das tut Ihnen auch gut?

 

 

Klar, das ist toll. Beim Fest gibt es ja keinen klassischen Show-Akt, manchmal Musik, aber keinen Promi, der auftritt.

 

 

Es gibt ja Leute, die das Fest noch nicht kennen. Was sagen Sie denen, was Sie erreichen und den Menschen am Abend bieten möchten? Was ist die Kernbotschaft?

 

 

Das Fest ist für die Menschen, die Weihnachten nicht alleine verbringen und andere treffen möchten. Weihnachten nicht allein zu Hause wird ja sehr gut angenommen, ist immer größer geworden, und das ist auch eine Botschaft nach außen.

 

 

Das heißt, es gibt einen Bedarf, solch ein Angebot zu machen?

 

 

Genau. Der ist auf jeden Fall da, obwohl mir immer erklärt wird, dass es ihn nicht gebe.

 

 

Es gibt also Leute, die das sagen?

 

 

Das haben wir auf dem Erntedankfest erlebt. Manche haben uns ein bisschen belächelt und betont: „Wir sind nicht allein! Was soll ich mit so einem Flyer? Ich bin nicht allein“, ist dann eine typische Reaktion.

 

 

Das heißt, manchmal begegnet Ihnen auch eine deutliche Abgrenzung. Die Menschen betonen geradezu, dass sie nicht betroffen sind.

 

 

Ja, das merke ich sehr deutlich. Vielleicht ist es die Angst, mit einer Randgruppe in Verbindung gebracht zu werden. Jeder, der an Weihnachten allein ist, hat ja anscheinend eine ansteckende Krankheit, sonst würde er an Weihnachten nicht alleine sein. Nur, die hat er eben nicht. Er ist einfach nur allein. Insofern sollte das Angebot auch Mut machen, weil die Menschen, die alleine sind, brauchen auch Mut, das ein Stück weit zu offenbaren und zum Fest zu gehen.

 

 

Das kann bedeuten, dass manche auch in einer traurigen Stimmung kommen. Gab es mal eine Situation, die in dieser Hinsicht schwierig war?

 

 

Wir hatten mal den Fall, dass uns direkt an Heilig Abend eine Frau anrief, die sich nach einem Streit gerade von ihrem Freund getrennt hatte und zum Fest kommen wollte. Da hatte ich ein bisschen Bammel. Sie kam dann auch. Aber ich muss diese Dinge nicht allein auffangen. Am Abend bildet sich eine Gemeinschaft, die in dieser Hinsicht zusammensteht. Als sich die Frau zum Schluss verabschiedete, sagte sie, sie habe noch nie erlebt, dass ihr so viele Menschen Trost gespendet hätten. Das hat sie später einer Menge Leuten erzählt, auch bei einem erneuten Besuch des Fests. Das fasziniert mich.

 

 

Fällt Ihnen ein schönstes Erlebnis in Verbindung mit dem Fest ein?

 

 

Ja, das war mein gemeinsamer Auftritt mit Martina bei der Landesschau. Damit gebe ich heute noch an. Ich ruf manchmal Leute an und sage, hier ist Stefan Nägele, kennen Sie mich nicht? Ich war 6.15 Minuten in der Landschau Baden-Württemberg, und Sie kennen mich nicht?

 

 

Was ist für Sie jetzt noch wichtig – von der generellen Organisation her?

 

 

Wir suchen neben Sponsoren, Essens- und Getränkespenden sowie Helfern auch noch ein paar Freiwillige, die ein bisschen Programm machen können, zum Beispiel ein Krippenspiel oder Ähnliches. Wir haben eine riesige Bühne. Es gibt bestimmt Theater-, Tanz- oder Kindergartengruppen, für die es schwierig ist, sich an Heiligabend zusammenzufinden und Zeit zu opfern. Nur, wenn es da aber eine Gruppe gibt, die es doch schaffen könnte, wäre das großartig.

 

 

Quelle:http://www.bkz-online.de/node/1000165